Die Schülerrede

Der Dschungel: im Lexikon findet man folgende Definition des Begriffes „Dschungel“:

-> undurchdringlicher Urwald, oft sumpfig und daher ein gefährlicher Fieberherd

Sie müssen wissen, wir kommen gerade aus dem Dschungel – oder besser gesagt: wir sind nur zwei von den ca. 108 ursprünglichen Safarimitgliedern, die gerade aus dem Oberstufen-Dschungel wiedergekehrt sind.

Wie sie ja bestätigen können, liebe Eltern, fing ja alles vor ziemlich genau 13 Jahren an. Damals gingen Sie in das Reisebüro und buchten für ihre Tochter bzw. für ihren Sohn diesen „Urlaub“. Doch anstatt, daß wir diese Reise sofort antraten, stand uns statt dessen zuerst eine 10jährige Vorbereitungsphase in kleinen Grüppchen bevor, in der wir nicht selten schmerzlich geimpft wurden, um möglichst früh allen eventuellen Gefahren in den letzten drei Jahren vorzubeugen.

Und plötzlich kam der Tag, an dem die 5 kleinen Vorbereitungsgruppen einfach zusammengewürfelt, jeder einzelne mit einer bescheidenen Reise-Schul-Tasche ausgestattet wurde, schmierten zuversichtlich unsere Leberwurstbrote und machten uns auf in den großen und nahezu unerforschten Dschungel „Oberstufe“.

Gleich zu Beginn unserer Expedition wurden wir von neuen Eindrücken, vielmehr fremden Wesen, auch Mitschülern genannt, überwältigt. Hatte man sich nicht in den letzten Jahren so schön an seine kleine Vorbereitungsgruppe gewöhnt? Aber mit denen, diesen seltsamen Fremden sollte man sich nun weiter durchkämpfen?

Ja, die Anfangszeit war schwer. Wir waren doch noch so jung. Wir wußten weder, wo man uns ausgesetzt hatte, noch wo der Ausweg aus diesem „Dickicht von Blättern“ war. Nur das Ziel dieser Expedition wurde uns wieder – und immer wieder eingeredet: „3 Jahre habt ihr Zeit! Dann müßt ihr wieder draußen sein. Möglichst heil und zufrieden…“

Das Chaos war vorprogrammiert. Wild liefen wir durcheinander. Verzweifelt suchten wir nach der nächsten Lichtung. Es schien, als hätten wir alles vergessen, was wir in der Vorbereitungszeit gelernt hatten, um hier zu überleben.

Doch wir faßten uns ein Herz und begannen mit leichten Annäherungsversuchen an die Mitschüler und endeten mit der Feststellung daß die anderen eigentlich gar nicht so fremdartig, ja eigentlich sogar ganz liebenswert und schnuckelig waren. So wurden aus den 5 kleinen Vorbereitungsgruppen eine große Abenteuertruppe, die sich nun furchtlos – und mehr oder weniger freiwillig – allen Gefahren und Tücken des Dschungels stellen wollte. Aber ein Punkt wurde dabei sehr schnell deutlich: aus diesem Dschungel kommen wir nur gemeinsam wieder heraus…

Daher verteilten wir einzelne Aufgaben an bestimmte Leute, da auf diese Weise schon bald ein einigermaßen humanes Dschungelleben geführt werden konnte:

Christian Poschmann z. B. sorgte für das Essen, da es ihm aufgrund seiner körperlichen Gegebenheiten und äußerst genauen Treffsicherheit im Speerwurf am leichtesten fiel, wilde Tiere zu erledigen.

Wenn es aber darum ging einen Schlafplatz für die folgende Nacht zu suchen, war es Katrin Paeschke, die die kleinen Schlafhütten individuell konstruierte und aufstellte.

Saßen wir am Feuer, so versuchte meist Olaf seine Fähigkeiten als Animateur unter Beweis zu stellen. Aber im Endeffekt war die Aufmerksamkeit auf Marcel gerichtet, da er ein Verfahren entwickelt hatte, wie man aus den Dschungelpflanzen gewisse geistige Getränke heraus filtern konnte.

Anika & Verena sangen dazu ihre dschungelweit bekannten Balladen, während die dritte im Bunde der UVA-Strahlung, Ulla, sich mit Julia Borkowski stritt, ob man das Lagerfeuer etwas kälter oder wärmer machen sollte, da es der einen ja bekanntlich regelmäßig zu warm, der anderen immer zu kalt war…

Die Person, die jeden Abend als letztes zu Bette ging, war Daniel Kirberg, da er sich freiwillig dazu bereit erklärt hatte, das Feuer zu löschen.

Das Leben verlief nahezu perfekt. Einige waren immer erreichbar, einige immer für andere da, und wieder andere dehnten immerzu das „akademische Viertel“ bis zum zerreißen. Doch so chaotisch sich das alles auch anhören mag, um so chaotischer war es tatsächlich.

Doch bei all dem Optimismus und der Planung war uns die Sache mit den Eingeborenen völlig entfallen. Die sollten uns doch den Weg durch den Dschungel weisen. Wieder machte sich Panik breit! Würden sie groß, stark und grausam sein? Gespannt erwarteten wir die Häuptlinge der Stämme der Germanen, Zahlen, Formeln und wie sie sonst noch alle hießen.

Doch – welch` Überraschung! Nur ganz wenige Monster und Kannibalen erwarteten uns. Die Eingeborenen gab es in allen Farben und Formen und sie schienen sogar unsere Sprache zu sprechen!!

Diese Eingeborenen hatten unter anderem auch die Aufgabe die Früchte an uns zu verteilen, die wir doch so dringend benötigten, um im Oberstufen-Dschungel zu überleben. Doch leider gab es nicht viele Eingeborene, die wie wild mit den Früchten um sich warfen, was uns natürlich sehr erfreute. Statt dessen geizten die meisten Eingeborenen – vor allem mit den reifen und saftigen Früchten. Eigentlich ja unverständlich, da sie sie doch selber sowieso nicht benötigen…

Aber so wichtig diese Früchte auch waren, so führten sie doch leider auch zu Streitigkeiten unter uns Abenteurern. Es wurde geschubst und gedrängelt auf dem recht schmalen Dschungelpfad, um die Gunst und Aufmerksamkeit der Eingeborenen gekämpft und alle Register gezogen, um eben die schönsten und größten Früchte zu ernten.

Und an dieser Stelle – so mußten wir feststellen – hat das Lexikon wirklich nicht gelogen. Denn um diese Früchte zu erlangen, mußten wir uns regelmäßig den uns von den Eingeborenen aufgetragenen Prüfungen stellen, wie z. B. dem Durchqueren tiefer Flüsse, um in den nächsten Qualifikationsabschnitt zu gelangen. Und nun offenbarte sich der Dschungel als wahrer Fieberherd, denn in der Tat erkrankten etliche Personen an Fieber, wenn es um eben solche Prüfungen ging. Doch dieses Problem wurde recht schnell durch eine gewisse Attestpflicht gelöst.

Leider verloren jedoch einige bei diesen Prüfungen das Gleichgewicht und fielen in Fallgruben oder verfingen sich im Dickicht und konnten erst von der nachfolgenden Expedition gerettet werden, so wie auch wir verschollen geglaubte der vor uns wandelnden Truppe aufnahmen.

Unter den Eingeborenen war auch die weise Medizinfrau, ohne die wir Dschungelkämpfer wohl so manches mal ziemlich dumm dagestanden hätten. Nicht nur, daß sie jeden mit Namen kannte, unermüdlich schrieb sie Bescheinigungen und verwaltete die Schlüssel zu den heiligen Tempeln. Und obwohl sie selber noch recht neu in diesem Dschungel war, wußte sie trotzdem immer einen hilfreichen Rat für unsere alltäglichen Probleme.

Aber auf der anderen Seite war der Ausdruck „Friede, Freude, Eierkuchen“ auch nicht unbedingt die perfekte Beschreibung unserer Dschungeldurchwanderung. Allzu oft wurde die Gerüchteküche zum Brodeln gebracht und die Eingeborenen von uns in den Wahnsinn getrieben. Doch bei den Lagerfeuerabenden, die oft bei einzelnen Stammesältesten in den eigenen Zelten stattfanden, kam dennoch immer Stimmung auf und Abenteurer und Eingeborene einander näher. Apropos „näher kommen“: wie das so oft der Fall ist, so griffen auch auf unsere Expeditionsgruppe die natürlichen Einflüsse des Dschungels über. Und wie sie sich ja vorstellen können -liebe Anwesenden- bestimmte Bedürfnisse des menschlichen Körpers können nicht so einfach mal eben über drei Jahre abgestellt werden.

Mit anderen Worten: zusätzlich noch durch unsere animalischen Vorgänger im Dschungel animiert bzw. inspiriert, paarten sich die Expeditionsmitglieder in einer unvorstellbarer Häufigkeit, so daß uns dieser Rekord garantiert sicher ist.

Eine wirklich schöne Sache, sowohl für die direkt betroffenen Turtel-Äffchen, als auch für alle Kupler und Gerüchteliebhaber unserer Truppe.

Wir geben gerne zu, daß die Eingeborenen oft große Geduld im Umgang mit den ihnen zugeteilten Abenteurern bewiesen, aber auch ein ums andere Mal überhaupt kein Verständnis für das Unverständnis derselben, wenn es darum ging eben irgend etwas zu verstehen. So mancher der Urwaldbewohner machte dies durch Rot anlaufen, böse Blicke oder auch durch cholerische Anfälle sehr deutlich. Uns blieb gar nichts anderes übrig, als all das geduldig zu ertragen, denn im Stillen wußten wir alle: „Gut Ding will Weile haben“ und Eingeborene sind schwer zu erziehen!

Irgendwie haben wir es dann aber doch geschafft, sie uns zurecht zu biegen, indem wir ihnen z. B. die überwältigende Wichtigkeit von Essen bei der Arbeit verdeutlichten.

Vielleicht lachen sich die Eingeborenen an dieser Stelle ins Fäustchen, da sie fest davon überzeugt sind uns dschungeltauglich gemacht zu haben. Wer nun am Ende Recht behält, werden wir wohl nie erfahren, aber wahrscheinlich würden wir ohne einander immer noch die Lichtung suchen.

Die Expedition war sicherlich doch oft besser und lustiger, als die meisten – sowohl Abenteurer, als auch Eingeborene – vorher gedacht haben. Wenn es jemanden mit einer anderen Meinung geben sollte, derjenige hat bestimmt jede Menge verpaßt!!

Doch was bleibt uns letzten Endes von unserer Expedition, außer einem Stück Papier?

Jeder von uns wird jetzt wahrscheinlich mit seinem ganz persönlichen Dschungel zu tun bekommen und auch den Eingeborenen stellen sich neue Gefahren und Abenteurer in den Weg. Etwas jedoch werden wir wohl alle mitnehmen: ein kleines Stück vom großen Dschungel „Oberstufe“ und ein kleines Stück der Mitreisenden. So bleibt wohl nur noch eins zu sagen – für uns Abenteurer und hoffentlich auch für die Eingeborenen – über unsere Suche nach dem Stein der Weisen, die uns zwar vielleicht weder reifer, noch weiser gemacht hat, doch auf ihre eigene geheimnisvolle Weise erfolgreich war.

In diesem Sinne: Macht`s gut und – NEVER FORGET !!!!!

Rebecca Steinacker & Sandro Selmi